Verhandlungen, Entscheidungen und Verträge

Vier Nordeuropäer kommen als Schiffbrüchige auf eine einsame Insel, auf der nichts als ein bisschen Wald steht. Was machen sie? Antwort: Der Finne fängt an, die Bäume zu fällen. Der Däne verkauft sie. Der Norweger setzt sich in den Wald und schreibt ein Lied. Und was macht der Schwede? Er sagt zwei Jahre nichts und beschwert sich dann, dass er den anderen noch nicht vorgestellt wurde.

© Getty Images/fizkes

Diesen Witz hörte ich vor Jahren in Malmö von einem Schweden. Aber man kann darin gut das Bild der Dänen bei ihren skandinavischen Nachbarn – und vermutlich auch das dänische Selbstbild – sehen. Neben dem, was über die Eigenschaften der anderen Nordeuropäer gesagt wird, schreibt er den Dänen gute Verkäuferfähigkeiten zu. Manager aus nordic headquarters, die den gesamten nordeuropäischen Markt bearbeiten, bestätigen, dass Dänen gute Vertriebler und damit gute Verhandler sind. Dänen blicken auf eine lange und erfolgreiche Kaufmannstradition zurück. Das lässt sich unter anderem auch am Namen der Hauptstadt ›Kopenhagen‹ – ›Kaufmannshafen‹ ablesen.

Dänischer Verhandlungsstil

Wenn Verhandlungen begonnen werden, dann wollen Dänen auch zu einer Einigung kommen. Ihre dänischen Partner gehen daher mit realistischen Vorstellungen in die Verhandlungsgespräche, nicht mit Maximalforderungen, die sie sich wieder abverhandeln lassen. Sie hören freundlich zu und sind kooperationsbereit, was die Wünsche ihres künftigen Vertragspartners angeht. Es ist ihnen klar, dass der Vertrag am Ende zu beiderseitigem Vorteil sein muss.

Kooperationsbereitschaft ist mit die wichtigste Eigenschaft, die Sie selbst mit in die Vertragsverhandlungen nach Dänemark bringen sollten. Sie wird in der dänischen Gesellschaft schon von Kindesbeinen an geprobt und durchzieht das Geschäftsleben. Wer nicht kooperationsfähig ist, kann keinen Erfolg haben. Und Kooperationsbereitschaft bedeutet in Vertragsverhandlungen vor allem eines: Flexibilität. Denken Sie also über Vorschläge, die man Ihnen unterbreitet, gründlich nach und lehnen Sie nichts vorschnell ab. Während der Ton immer freundlich ist, wissen Ihre dänischen Verhandlungspartner doch genau, wo die Grenzen sind, an denen das Geschäft nicht mehr vorteilhaft wäre. ›Citronen er presset‹ ‒ ›Die Zitrone ist ausgepresst‹, lautet der passende Ausdruck in der dänischen Sprache.

Entscheidungsprozesse

Ihre dänischen Verhandlungspartner werden ihre Entscheidung im Team fällen und sich dabei gegenseitig beraten. Wenn wir von den typischen Situationen und dem dänischen Durchschnittsunternehmen ausgehen, dann haben Sie es in Verhandlungen mit dem Geschäftsführer (administrerende direktør) und dem Exportleiter (eksportchef) oder dem Einkäufer (indkøbschef) zu tun. Eventuell treffen Sie auch den Leiter Finanzen (finanschef). Exportleiter oder Einkäufer werden die Prozesse steuern und sich mit Geschäftsführer und Finanzchef über das Geschäft beraten. Die Entscheidung ist dann meistens eine gemeinsame, die rational zustande gekommen ist. In vielen Fällen sind die dänischen Unternehmen aber auch so klein, dass der Geschäftsführer zugleich auch Exportleiter, Einkäufer und Finanzchef ist. Dann haben Sie es nur mit einer Person zu tun, die die finale Entscheidung fällt.

Verträge

Dänen klären gerne das big picture und haben keine Angst davor, Details ungeklärt zu lassen. Deshalb fällt der durchschnittliche dänische Vertrag am Ende deutlich kürzer aus als in Deutschland. Das kann für deutsche Verhandlungspartner schwierig zu ertragen sein. Dänen neigen eben nicht dazu, alle Eventualitäten bis ins Letzte zu durchdenken und in Verträge zu gießen. Stattdessen wird klar auf die Kooperationsbereitschaft beider Seiten gesetzt. Tritt ein Fall ein, den keine der Parteien vorhergesehen hat, dann muss man sich wieder zusammensetzen und eine für beide Seiten vernünftige Lösung finden.

Umgekehrt gesagt: Auf die Regelung aller Eventualitäten zu bestehen, kann absolut kontraproduktiv sein. Lange und komplizierte Verträge sind für dänische Geschäftspartner potenziell abschreckend. Es kann im Extremfall dazu führen, dass sie den Verhandlungstisch wieder verlassen. Trotzdem oder gerade deshalb gilt die Empfehlung: Wenn Sie sich darauf einlassen, weniger Details zu regeln, dann sollten die wenigen Absprachen dafür umso klarer sein.

Mündliche Vereinbarungen

Mündlich getroffene Vereinbarungen sind prinzipiell genauso gut wie schriftliche. Die Regeln des ehrbaren Kaufmanns gelten auch in Dänemark. Vielleicht gelten sie in Dänemark sogar noch mehr. In keinem Land der Welt – dies ist wissenschaftlich untersucht – haben die Menschen so viel Vertrauen zueinander wie in Dänemark.
Sie sollten trotzdem mündliche Verabredungen in einer E-Mail zusammenfassen und Ihren dänischen Partnern zusenden. Denn selbst wenn mündliche Vereinbarungen gültig sind, sie können natürlich wieder vergessen werden.

Vertragssprache 

Im internationalen Geschäft werden Verträge oft einfach auf Englisch verfasst. Hiervor muss gewarnt werden, selbst in der Beziehung zwischen Ländern, in denen relativ ordentlich Englisch gesprochen und geschrieben wird. Verträge sind zu wichtig, um halb verstanden zu werden. Es geht aber nicht nur um das richtige Verständnis, sondern auch um unterschiedliche Rechtsbegriffe je Land: Ein ›Eigentumsvorbehalt‹ auf Deutsch ist etwas anderes als ein ›ejendomsforbehold‹ auf Dänisch. Das britische Recht versteht unter ›retention of title‹ einen dritten Sachverhalt.

Solchen Missverständnissen können Sie entgehen, indem Sie Verträge zweisprachig aufsetzen lassen. Verträge ans dänische Recht anzupassen bedeutet dabei nicht nur, die deutschen Regelungen zu übersetzen und mit dem dänischen Recht konform zu machen. Es bedeutet insbesondere auch, die oftmals ausführlichen, langen und schwer verständlichen deutschen Bestimmungen in eine für Dänemark übliche Sprache umzuwandeln.
Wichtig ist daher immer auch die richtige Unterstützung durch Anwälte, die sowohl beide Sprachen als auch den Unterschied zwischen ›Eigentumsvorbehalt‹ und ›ejendomsforbehold‹ kennen. Lassen Sie sich bitte nicht von Anwälten beraten, mit denen Sie nicht in Ihrer Muttersprache kommunizieren und die nicht Ihr heimisches Rechtssystem kennen. Die AHK Dänemark kann Ihnen den richtigen Anwalt für Ihr Thema empfehlen.